Nachdem ich nun schon zehn Bücher in drei unterschiedlichen Serien veröffentlich habe, habe ich viele Fehler dabei gemacht und einiges über das Schreiben von Buchreihen gelernt.
Den für mich wichtigsten Tipp teile ich in diesem Blogpost mit euch, damit es euch nicht so geht wie mir, als ich dieses großen Fehler begangen habe.
Starten möchte ich mit einem Szenario, das mir so tatsächlich passiert ist, und in dem sich vielleicht auch einige von euch wiederfinden können.
So schnell tappt man diesem Fehler in die Falle
Vor vielen Jahren habe ich beschlossen, Buchreihen zu schreiben und am besten richtig lange mit komplexem Worldbuilding. Als naive Jugendliche dachte ich damals noch, dass ich mir alles werde merken können. Es sind ja schließlich meine Charaktere, meine Handlungsorte und Plotpoints, die ich in meinem Kopf entwickelt habe. Da vergesse ich ganz sicher nichts.
Und so habe ich mir nur wenige Details notiert. Und waren dann auch noch über diverse Medien verstreut, zum Teil auch nur auf losen Notizzetteln oder in Schulheften, wo sie ganz sicher nicht hingehören.
Jahre später wollte ich wieder an dieser Idee arbeiten und musste feststellen, dass ich kaum noch Infos zu all den Dingen habe, von denen ich damals dachte, ich könnte sie mir merken, schließlich habe ich sie mir doch ausgedacht.
Also habe ich begonnen, meine Worldbuilding-Infos und Pläne für den Plot etwas genauer aufzuschreiben, hatte aber nie eine feste Ordnung oder ein festes Programm dafür. Und oft hat sich während des Schreibens noch einiges geändert, sodass ich mir mittlerweile nicht einmal sicher sein kann, ob die Infos, die ich irgendwo gefunden habe, überhaupt noch aktuell sind.
Und so schnappt diese Fall des Chaos zu und macht es um einiges schwerer, weitere Bücher in diesen Serien zu schreiben.
Lange Rede, kurzer Sinn: Notiert euch von Anfang an sämtliche Informationen zu euren Büchern an einem Ort und aktualisiert das stetig, spätestens wenn ein neues Buch in dieser Serie erschienen ist.
Theoretisch wäre es das schon. Das ist die eine Sache, von der ich mir wünsche, ich hätte sie von Anfang an ernst genommen und richtig gemacht.
Aber was bringt euch diese Info jetzt? Wie soll man das überhaupt anstellen? Wo und wie soll man HerrIn über all diese Informationen werden?
Das habe ich mich auch gefragt - und tue es ehrlich gesagt manchmal immer noch. Es ist so furchtbar schwer, gescheite Infos zum Thema Buchreihen Schreiben und Worldbuilding zu finden. Meistens beschränken sich die Tipps auf Fragen, die man sich zuvor stellen soll. Darüber, welche Art von Buchreihe man schreiben möchte, mit wie vielen Protagonisten und in welchem Genre. Oder wie die Gesellschaft dieser neuen erfundenen Welt aufgebaut ist.
Aber wo zum Teufel hält man all diese Infos fest?
Meine Antwort: In eurem Second Brain.
Wenn das erste Gehirn aussetzt, sollte man ein zweites in der Hinterhand haben
Auch wenn unser biologisches Gehirn unwahrscheinlich leistungsfähig ist, können wir uns nicht alles merken. Dafür werden wir täglich einfach mit zu viel Input überhäuft, Social Media, Internet und Messenger Diensten sei Dank.
Aber so sehr uns die Technik den Alltag manchmal erschwert, indem sie uns ablenkt, kann man sie auch nutzen, um wieder etwas Ordnung und Klarheit ins Leben zu bringen. Mit einem zweiten Gehirn, dem sogenannten Second Brain.
Diese Bezeichnung geht auf Tiago Forte zurück, der dazu auch ein Buch und diverse Blogartikel geschrieben hat.
In einem Second Brain sammelt man sämtliche Informationen, die hilfreich oder interessant klingen. Entweder für Projekte, an denen man konkret arbeitet oder für zukünftige Projekte, oder weil man diese für einen Aspekt seines Lebens benötigt, oder einfach aus Neugier.
Während Forte das Second Brain zur Organisation des eigenen Lebens gedacht hat, und dazu um die eigene Produktivität zu steigern, nutze ich meines auch dazu, um mir all diese winzigen und doch so wichtigen Details zu meinen Büchern zu merken. Und zwar so, dass sie mir nicht nach ein paar Wochen wieder verloren gehen, weil mein biologisches Gehirn sie vergessen hat.
Und es ist wirklich sehr beruhigend und befreiend, einen Ort für all diese Gedanken und Ideen zu haben, anstatt sie die ganze Zeit über mit sich herumtragen zu müssen.
Storybible vs Second Brain
Wirklich neu ist diese Idee einer zentralen Sammelstelle für Informationen in der Autorenwelt aber nicht. Es gibt genug AutorInnen, die sogenannte Storybibles zum Schreiben nutzen. Etwas, das aus der Film- bzw. TV-Serien-Welt stammt.
Das sind Sammlungen von Steckbriefen, Zusammenfassungen und sonstigen Infos zu einer konkreten Serie, damit die Kontinuität in jeder Episode (bzw. jedem Buch) gewahrt werden kann. So vermeidet man ärgerliche Fehler wie vertauschte Augenfarben oder unterschiedliche Schreibweisen von Namen.
Viele AutorInnen haben physische Storybibles, also all diese Infos ausgedruckt in einem (meist sehr dicken) Ordner gesammelt, was natürlich etwas unhandlich und auch schwerer zu aktualisieren ist, wenn neue Details hinzukommen. Andere setzen auf digitale Tools.
Hier habe ich mal ein paar interessante YouTube-Videos zu dem Thema für euch rausgesucht, falls das interessant für euch klingt:
Yasmine Galenorn: How to Create a Series Bible!
Kami Garcia: Writing Tips: Creating a Series Bible
Sarra Cannon / Heart Breathings: How To Create A Series Bible \\ How To Plan And Write A Series, Video 4
Bethany Atazadeh: HOW TO MAKE A STORY BIBLE (AKA SERIES BIBLE) + FREE TEMPLATE
Ein Second Brain ist aber noch so viel mehr als das. Damit können wir uns wichtige Informationen aus Büchern, Videos oder Podcasts notieren und mit einer schnellen Suche sofort wiederfinden. Wir können darin unsere To-Do-Listen abspeichern, zukünftige Projekte planen und tatsächlich unser ganzes Leben organisieren.
Egal, wie man es nun nennen mag, wir AutorInnen können unser erstes (biologisches) Gehirn durch die Nutzung eines solchen digitalen Orts für all unsere Notizen und Ideen ziemlich entlasten. Und so machen wir mehr Platz für das, was wirklich zählt: fürs Erfinden neuer Welten und das Schreiben unserer Bücher.
Manchen wird es jetzt schon in den Fingern jucken, so ein Second Brain zu erstellen.
Aber wo soll man nur all diese Infos unterbekommen?
Ein Ort, sie ewig zu binden
Klar kann man alles ausdrucken und so versuchen, alle Infos beisammen zu halten. Wie ich oben schon gesagt habe, kann das aber ziemlich schnell wieder in Chaos und sehr viel Arbeit ausarten.
Meine Empfehlung ist daher, es digital anzulegen.
Aber mit welchen Programmen?
Das ist eine Frage der persönlichen Präferenz. Jedes Gehirn arbeitet anders, und so gibt es keine "Einheitsgröße", was den Aufbau eines Second Brains angeht.
Bevor ich euch gleich ein paar Programme vorstelle, die ich für besonders geeignet halte, möchte ich nochmal kurz klarmachen, worauf man bei der Auswahl achten sollte:
Wie leicht lassen sich Infos importieren und exportieren?
Wie zukunftssicher sind eure Notizen in diesem Programm?
Was passiert, wenn es eines Tages nicht mehr geupdatet wird und nicht mehr läuft?
Wie könnt ihr dann noch auf die Notizen zugreifen?
Wie leicht ist es zu bedienen?
Ist es Cloud-basiert? Braucht man eine ständige Internetverbindung dafür?
Was ist mit Backups?
Wie viel Speicher braucht das Programm?
Können andere Medien (Fotos, PDFs, sonstige Dateien) eingebunden werden?
Vielleicht habt ihr noch andere Kriterien, die euch bei einer Notizapp für all eure Infos wichtig sind. Bevor man sich auf ein bestimmtes Programm festlegt, sollte man sich zuvor Gedanken machen, was man idealerweise herausbekommen möchte.
Für mich war zum Beispiel wichtig, dass meine Notizen zukunftssicher sind und auch von anderen Programmen geöffnet werden können, aber auch dass ich die Notizen darin verknüpfen und andere Medien ganz leicht einbinden kann. Und so bin ich erst bei OneNote von Microsoft gelandet, bevor ich Obsidian für mich entdeckt habe.
Diese Programme kommen meiner Meinung nach besonders gut für Storybibles/Second Brains in Frage:
Obsidian (mein absoluter Favorit)
Notion
Evernote
OneNote
Google Docs / Word / sonst. Textverarbeitungsprogramme
Scrivener
Papyrus Autor
Campfire
World Anvil
Anmerkung: Solltet ihr noch weitere Programme haben, die sich zu diesem Zweck eignen, sagt gerne Bescheid, dann nehme ich sie noch in die Liste auf.
Während die ersten fünf zumindest in ihren Grundfunktionen kostenlos und allgemein nutzbar sind, sind die letzten vier speziell für Autoren gedacht und kosten meist auch ein paar Euro. Da sie oft "nur" aufs Schreiben ausgelegt sind, kann man sie nicht unbedingt für die anderen Zwecke eines Second Brains nutzen (z.B. zum Abspeichern von Wissen).
Meine Empfehlung ist, einfach ein paar davon auszuprobieren und zu testen, wie gut das jeweilige Programm zu den eigenen Kriterien passt.
Warum ich so gerne Obsidian nutze
Auch wenn ich euch nichts aufzwingen möchte, wollte ich an dieser Stelle nochmal kurz die Gründe ansprechen, warum ich so gerne Obsidian nutze. Danach werde ich auch oft gefragt und gebe euch demnächst sicher eine Tour durch mein Second Brain.
Damit das hier nicht in einen Rant ausartet, warum Obsidian so toll ist, muss eine kurze Stichpunkt-Liste vorerst reichen. Sagt Bescheid, wenn ihr gerne mehr über die Vorteile des Programms wissen möchtet.
Speichert alles in Echtzeit im Markdown-Format. Es geht nichts verloren (man muss nicht ständig ans Speichern denken) und kann die Dateien z.B. mit dem Windows Editor öffnen. Heißt, sie sind zukunftssicher, selbst wenn Obsidian irgendwann nicht mehr weiterentwickelt wird.
Geringe Speichergröße, schnelles Laden. Die Dateien sind so mini, dass selbst mein übervoller Laptop keine Probleme damit hat, sie aufzunehmen. Und die Dateien laden unheimlich schnell, sodass man nicht ewig warten muss wie bei manchen anderen Programmen.
Canvas-Funktion für Mind-Maps enthalten. Diese Funktion ist relativ neu, aber ich liebe sie schon jetzt. Das war tatsächlich etwas, was ich lange vermisst habe, jetzt aber so gut wie jeden Tag nutze, um meine Bücher und Blogposts zu planen oder Ideen zu einem Thema schnell festzuhalten. So sieht die Übersicht für all meine Buchideen zur Grey's Halfway House Serie aus:
Einfache interne und externe Verlinkung. Mit einem Klick kann man zwischen verlinkten Dateien hin und her switchen und sollte man mal den Dateinamen ändern, oder sie verschieben, passt sich der Link automatisch an. Auch Websites oder Dokumente lassen sich in Obsidian verlinken (für letzteres müssen sie aber im File-Ordner liegen) und mit einem Klick öffnen. Also kein lästiges Suchen in sämtlichen Unterordnern mehr.
Erstellung von personalisierten Templates und Tastenkürzeln möglich. Das ist super hilfreich, wenn man Steckbriefe für unterschiedliche Dinge hat, z.B. für Charaktere, Orte, Organisationen etc. Oder wenn man Checklisten für einen stetig wiederkehrenden Arbeitsschritt hat (z.B. Schreiben eines Blogposts). Sogar die Tastenkürzel kann man personalisieren, sodass z.B. das Verlinken von Notizen noch schneller geht.
Graph-Ansicht. Sie ist nicht unbedingt nötig, um mit dem Programm zu arbeiten, aber ich schaue immer mal wieder gerne in meinen Graph, über den man sämtliche Dateien wie in einer gigantischen Mindmap angezeigt bekommt. Man kann ihn sogar animieren, sodass man dabei zusehen kann, wie das eigene Second Brain gewachsen ist und sich verändert hat. Oder man nutzt es, um Ideensträngen zu folgen. So sieht der Graph meines aktuellen Second Brains aus:
Minimalistisches Design für weniger Ablenkung und mehr Klarheit. Bei anderen Programmen, die hundert unterschiedliche Schriftarten, -größen und Farben zu Verfügung haben, war es für mich immer anstrengend, alles gleich zu formatieren. Bei Obsidian gibt es nur wenige Möglichkeiten zur Auszeichnung des Textes. Das gibt den Notizen eine klarere Struktur und nimmt mir den Stress, die perfekte Formatierung finden zu müssen.
Rudimentäre Rechtschreibprüfung für viele Sprachen. Auch ein recht neues Feature, auf das ich lange gewartet habe. Mittlerweile kann man so die Rechtschreibung prüfen lassen und dabei gleich mehrere Sprachen aktiviert haben. Ich habe mich für Deutsch und Englisch entschieden, weil mein Gehirn (biologisch wie digital) schon lange zweisprachig funktioniert.
Bevor diese Liste noch länger wird, sollten wir es fürs Erste darauf belassen.
Programm gefunden - und jetzt?
Ich empfehle es euch, Templates für sämtliche Worldbuilding-Infos anzulegen. Für Charakter-Steckbriefe, aber auch für Handlungsorte, Magiesysteme, Wesen, etc. Wie genau diese aussehen sollen, liegt bei euch und womit ihr am besten arbeiten könnt.
Ich habe für mich festgestellt, dass es mich ziemlich limitiert, wenn ich sehr strikte Strukturen bzw. viele Fragen oder Unterpunkte habe. Das führt oft dazu, dass ich dann auf Teufel komm raus versuche, den Steckbrief auszufüllen und zwar so genau wie möglich, auch wenn ich den Charakter oder Ort vielleicht nur kurz anreiße und beides sonst nie mehr vorkommt.
Aber das ist etwas, das mitwächst, je mehr man ein System nutzt. Wichtig ist, dass man alles aktuell hält, sowohl die Templates als auch die eigentlichen Notizen/Steckbriefe. Letztere aktualisiere ich immer dann, wenn ein Buch aus der Reihe erschienen ist. Dann gehe ich es nochmal komplett durch, fasse es zusammen und markiere mir alle erwähnten Details, die ich dann in mein Second Brain übertrage, sollten sie dort noch nicht vorhanden sein.
Da die Erstellung einer Storybible bzw. eines Second Brains genau mein Ding ist und ich in den letzten zwei Jahren einiges dazugelernt habe, werde ich dazu sicher noch einige Blogposts verfassen. Schreibt mir gern, wenn ihr konkrete Fragen habt.
Aber ich glaube, es sollte mittlerweile klar sein, wie wichtig es ist, einen Ort für sämtliche buchbezogenen Infos zu haben. Egal, wie man es nun nennt, oder welches Programm man dafür verwendet, wird euch das das Schreiben sehr vereinfachen.
Und wenn nur eine Sache hängen bleibt, dann vielleicht das:
Ein Ort, sie zu sammeln, sie alle zu finden, in Struktur zu bringen und ewig zu binden.
(Sorry, aber ich musste einfach. Die Lady of the Storybibles hat gesprochen!)
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