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  • AutorenbildKate S. Stark

Rohfassung vs. 1. Korrektur - Ein Vergleich von Deine Seele 2


Mitte Dezember habe ich die neue Rohfassung von Deine Seele 2, der Fortsetzung von meinem Verlagsdebüt Die Dunkelheit deiner Seele, beendet. Knapp einen Monat später dann die erste Korrektur. Dabei ist das Manuskript fast 13.000 Worte gewachsen, wie ich auch schon in meinem Schreibvlog dazu berichtet habe.


Aus Neugier wollte ich beide Fassungen miteinander vergleichen, um für zukünftige Projekte eventuelle Schlüsse daraus zu ziehen und meinen Schreibprozess etwas mehr zu analysieren.


Und weil ich weiß, dass es einige Autorenkollegen interessieren könnte, ist dieser Blogpost samt Video dazu entstanden.



Die Vorgeschichte zu Deine Seele 2

Für diejenigen, die mich und meine Bücher nicht kennen und nur zufällig auf diesen Post gestoßen sind, kurz ein paar Hintergrundinfos zu diesem Buchprojekt.


Deine Seele ist eine Trilogie. Band 1 - Die Dunkelheit deiner Seele - ist bereits 2020 beim S. Fischer Verlag erschienen und hat sich leider nicht so gut entwickelt, zumindest aus Verlagssicht. Deshalb wurden Band 2 und 3 abgelehnt, weshalb ich mich entschieden habe, sie nun selbst zu veröffentlichen.


Die ursprünglichen Fassungen aller drei Bände sind ca. 2017 bis 2018 entstanden und dementsprechend veraltet. Seitdem habe ich einige weitere Bücher geschrieben und veröffentlicht (siehe hier für mehr Infos dazu) und dabei einiges dazugelernt.


Während Band 1 dem Original von damals relativ treu geblieben ist, war klar, dass sich an Band 2 und 3 einiges ändern musste, um eine gute Story abzuliefern. Deine Seele 2 besteht zu etwa einem Drittel aus der alten Fassung. Den Rest habe ich im Lauf von 2021 neu geschrieben.


Es war ein langwieriger Prozess, weil ich von den nicht immer ganz so guten Rezensionen zu Band 1 ziemlich emotional mitgenommen war und das Buch einige heftige Themen beinhaltet (Tod/Verlust von geliebten Menschen, Attentate, Gewalt, etc.).


Ende des letzten Jahres habe ich mich aber endlich hingesetzt und es fertig geschrieben. Und jetzt seid ihr auf dem aktuellen Stand ;)


Offensichtliche Änderungen

Allein wenn man die Wordcounts miteinander vergleicht, sticht sofort heraus, dass das Buch während der ersten Korrekturrunde um fast 13.000 Worte gewachsen ist.

Die Rohfassung hatte ca. 72.803 Worte, nach der ersten Korrektur waren es 85.977.


Dass es tatsächlich so eine starke Schwankung werden würde, hatte ich nicht gedacht. Ich habe mit an die 5.000 Worte mehr gerechnet und hatte fast schon Angst, dass es zu kurz wäre. Am Ende waren es fast 13.000 Worte mehr.


Auch die Anzahl der Kapitel hat sich erhöht. Von ursprünglich 29 auf mittlerweile 32. In der ursprünglichen Fassung waren es übrigens mehr als 60 (sehr kurze) Kapitel!

Nach der 2. Korrektur gibt es auch drei Kapitel, die weit über der durchschnittlichen Kapitellänge von ca. 2687 Worten liegen. Das sind Anzeichen dafür, dass ich sie im nächsten Durchgang teilen sollte (falls möglich). Zu lange Kapitel stören den Leser häufig, vor allem wenn viel geschieht oder viele Informationen dabei hinzukommen, aber das ist ein Thema für die nächste Korrekturrunde bzw. eine Frage für meine Testleser.


Gründe für den starken Wordcount-Anstieg

Für diese starke Schwankung gibt es natürlich eine ganze Reihe von Ursachen. Das sind Dinge, die mir zum Teil schon bewusst waren, andere habe ich erst bei diesem Projekt wirklich wahrgenommen.


Deswegen ist es gut, nicht einfach nur beim Schreib-, Korrektur- und Veröffentlichungsprozess von Schritt zu Schritt zu springen, sondern zwischendurch auch innezuhalten und zu reflektieren, was ich hiermit ja tue.


Der Teufel liegt in den Details

Das ist etwas, das mir schon immer bewusst war, oder zumindest seit einigen Jahren.

Wenn ich eine Rohfassung schreibe, beschränke ich mich auf das Wesentliche. Auf die Dialoge und die Handlungen/Taten meiner Charaktere.

Beschreibungen jeglicher Art lasse ich meistens aus. Meistens kann ich mir sowieso nicht merken, wie die Charaktere nun genau aussehen. Dafür sind es mittlerweile einfach zu viele. Haar- und Augenfarbe gehen meistens noch, aber die wirklich einzigartigen Merkmale entfallen mir oft. Sie beim Schreiben nachzuschauen, würde zu viel Zeit kosten und mich davon abhalten, die Story, wie sie mir vor Augen schwebt, aufzuschreiben.


Anmerkung: Demnächst werde ich sicher auch darüber schreiben, wieso es so wichtig für mich ist, ein Buch schnell zu schreiben, aber das würde hier den Rahmen sprengen.


Bei der Rohfassung beschränke ich mich auf wirklich sehr grobe Details, wenn überhaupt. Ansonsten hinterlasse ich mir ??? oder Kommentare, an den Stellen, an denen sich eine Beschreibung anbietet. So finde ich das später bei der ersten Korrektur wieder und kann die nötigen Details einbauen.


Die Besonderheit bei Deine Seele 2 war allerdings, dass ich für kaum eine der Nebenfiguren das Aussehen festgelegt hatte. Damals, als ich die Bücher ursprünglich geschrieben habe, hatte ich nicht einmal Steckbriefe oder sonstige Informationen für die Charaktere. Deshalb habe ich zwischen der neuen Rohfassung und der ersten Korrektur etwas Zeit eingeplant, um Band 1 erneut durchzugehen (für den Fall, dass sich darin doch Infos zu den anderen Charakteren finden) und die Steckbriefe mit Beschreibungen und Backstory zu erweitern.


Normal ist das nicht. Mittlerweile achte ich darauf, zumindest eine grobe äußerliche Beschreibung der Charaktere und ein paar Infos zu ihrer Backstory und Persönlichkeit zu haben, damit ich mir nicht irgendwann widerspreche und nicht jeder Charakter irgendwie gleich ist. Aber bei Deine Seele 2 war das Fehlen der Beschreibungen ein wirklich großer Punkt (auch bei den Handlungsorten oder der Magie), durch den viele Worte hinzugekommen sind.


Zusätzliche Backstory

Im Prinzip fällt das noch unter die Beschreibung/Details, aber ich wollte das trotzdem noch einmal zusätzlich betonen.

Was in den Rezensionen zu Band 1 angemerkt wurde, war, dass die Charaktere meistens ziemlich flach waren und dem stimme ich voll und ganz zu. Seit ich Band 1 geschrieben habe, habe ich einiges über Charakterentwicklung gelernt, auch wenn ich bei weitem keine Expertin darin bin.


Eine wichtige Lektion war, jedem Nebencharakter auch eine Vorgeschichte zu geben. Irgendwo kamen die ja her und gerade bei meinen Seelenführern, die sich oft an mehr als eines ihrer Leben erinnern, ist es wichtig zu wissen, was zuvor geschehen ist. Und wieso sie sich dazu entschieden haben, dieses wichtige Amt zu übernehmen.


Auch bei Lenora meiner Protagonistin war etwas mehr Backstory-Arbeit nötig. Beim Brainstorming ist mir dabei z.B. ein guter Grund eingefallen, warum sie überhaupt Seelenführer erkennen kann. (Zur Info: Normale Sterbliche können das normalerweise nicht.) Diese Erkenntnis, ob sie nun tatsächlich stimmt oder nicht, habe ich natürlich gleich bei der ersten Korrekturrunde eingebaut.



Gestopfte Logiklöcher

Bei der Korrektur ist mir außerdem ein ziemlich großes Logikproblem aufgefallen. Lenora und Kilian haben einige Kapitel mit Recherche zugebracht, aber ich habe ihnen nie einen wirklichen Grund dafür gegeben. Einen halbherzigen vielleicht, aber sie hätten sich auch genauso gut zurücklehnen und abwarten können, dass jemand anderes diese Arbeit für sie übernimmt.


Also musste ein neues Kapitel her, das dieses “Problem” persönlicher für sie macht und dazu bringt, unbedingt selbst handeln zu wollen.

Es gab noch ein paar weitere Logiklöcher, die aber allesamt nicht so groß waren wie dieses. Meistens habe ein paar erklärende Sätze hier und da schon gereicht, um sie zu lösen.


Gesteigerte Spannung

Das Ende der Rohfassung war etwas lasch. Auch zwischendrin hat manchmal etwas die Spannung gefehlt, also musste ich bei der Korrektur noch einige Szenen und zusätzliche “Anstupser” einbauen, um die Motivation der Charaktere zu steigern.

Und das Ende habe ich noch um einige Szenen erweitert, damit es nicht ganz so vorhersehbar und lasch ist.


Anmerkung: Mit dem Ende bin ich nach jetzigem Stand noch immer nicht ganz zufrieden. Es geht immer noch zu schnell, aber da warte ich mal lieber das Feedback meiner Testleser ab.


Etwas Zweisamkeit

Band 1 war ja relativ auf die Liebesgeschichte zwischen Lenora und Kilian fokussiert. Nach Fertigstellung der Rohfassung von Band 2 habe ich festgestellt, dass das diesmal ziemlich fehlt, weil von außen ziemlich viel Action in die Story kommt.


Also mussten ein paar Zweisamkeits-Szenen her, auch wenn das gar nicht so leicht war nach allem, was in Band 1 und während Band 2 so passiert ist. Eine davon hat mich aber ziemlich zu Tränen gerührt …


Verbindung zwischen Alt und Neu

Wie schon gesagt, habe ich knapp ein Drittel von der ursprünglichen Rohfassung für diese Neufassung übernommen. Das meiste davon war zu Beginn des Buchs.

Nicht immer hat das dann zu den neuen Kapiteln gepasst, die ich 2021 geschrieben habe. Deswegen musste ich bei der Korrektur oft noch verbindende Szenen (oder zumindest einige Sätze) einbauen und spätere Konflikte und Events zu Beginn der Story vorbereiten, damit sie sich dann im Verlauf des Buchs natürlich entwickeln konnten.


Alles in allem kommt dabei schon einiges zusammen, wie ihr sehen könnt.



Was habe ich gelernt? - Was nehme ich mit?

Charaktersteckbriefe möglichst noch vor der Rohfassung ausfüllen

Das habe ich oben ja bereits erwähnt. Zukünftig möchte ich zumindest die wichtigsten Infos zu Aussehen und Vorgeschichte festhalten und diese Steckbriefe während des Schreibprozesses updaten, damit ich immer auf dem neusten Stand bin und mir nichts durchrutscht.

Gerade bei längeren Serien ist es wichtig, die Details im Auge zu behalten. Ich habe nämlich keine Lust vor jedem neuen Buch wieder die Vorgänger lesen zu müssen. Das ist einfach zu zeitaufwändig.


Liste mit Änderungen führen

Das ist etwas, was ich neu für mich mitnehme. Beim Schreiben von Deine Seele 2 und beim nachträglichen Worldbuilding hatte ich immer ein zusätzliches Worddokument offen, in dem ich Ergänzungen oder Änderungen festgehalten habe. So habe ich bei der Korrektur nichts vergessen, was ich noch hinzufügen oder umschreiben wollte.


In dieser Liste habe ich wichtige Details aufgeführt, die mir vorher über die Charaktere noch nicht bekannt waren, oder aber weitere Worldbuilding-Elemente und wo/wie ich sie am besten erkläre, damit sie (hoffentlich) für den Leser nachvollziehbar sind.


Vor der ersten richtigen Korrekturrunde bin ich sie dann noch einmal durchgegangen, habe sie chronologisch sortiert und festgehalten, an welchen Stellen ich die einzelnen Änderungen einbauen sollte.

Das hat mir die Arbeit beim Korrigieren wirklich erleichtert, weil ich nicht alle Details im Kopf haben musste. Es ist eine so simple Lösung, aber es hat über 10 Bücher gedauert, bis ich sie aktiv implementiert und genutzt habe.


Pausentage einplanen

Wenn ich zu lange in einem meiner Bücher verbringe, wird es mir irgendwann langweilig. Mir fehlt die Aufregung und der Spaß daran und am liebsten würde ich zwischendrin an einem anderen Projekt arbeiten. Ich werde unvorsichtig, überlese manche Teile und genau das ist tödlich bei der Überarbeitung eines Buchs.


Während ich mich früher durchgekämpft und diesen Drang unterdrückt habe, habe ich dieses Mal bewusst Pausentage eingeplant. Zuerst alle vier Tage bei der ersten Korrektur, dann alle drei Tage bei der zweiten. Es war nur ein einziger Tag, aber den konnte ich nutzen, wie ich wollte. Das hat einen riesigen Unterschied gemacht und meine Schreiblangeweile sehr gemindert.


Anmerkung: Ich denke, zu diesem “Arbeitsmodell” schreibe ich auch noch einmal einen etwas ausführlichen Blogpost, weil das für mich der wichtigste Kernpunkt dieser kleinen “Analyse” war. Eine positive Veränderung, die ich so tatsächlich in meinem Schreiballtag beibehalten werde.


Die Rückkehr der Pomodoro-Sprints

Hin und wieder habe ich schon bei früheren Projekten und auch während meines Arbeitsalltags die Pomodoro-Technik verwendet. Auf YouTube findet ihr zum Beispiel eine Playlist mit “Write with me”-Videos, in denen ihr in Echtzeit gemeinsam mit mir an euren Projekten arbeiten könnt.


So wirklich strikt habe ich mich aber nicht daran gehalten und erst dank meiner Fitnessuhr diese Sprints wieder regelmäßiger in meinen Schreiballtag integriert. Bei Deine Seele 2 habe ich (vor allem bei der ersten Korrektur) für 25 Minuten am Buch gearbeitet und dann fünf Minuten Pause gemacht.


Und zwar weg vom Computer.

Laufend durch die Wohnung, um genau zu sein.

(Ja, ich bin einfach auf und ab gelaufen, so dumm es vielleicht klingt.)


Und das hat wirklich geholfen. Nicht nur, was mein tägliches Bewegungsziel angeht, sondern auch meinen Gedankenprozess. Beim Laufen habe ich über das nachdenken können, was ich eben gelesen habe. Oft sind mir dabei noch einige Verbesserungen eingefallen oder Ergänzungen, um die Geschichte noch besser zu machen.


Mittlerweile habe ich diesen speziellen Punkt etwas schleifen lassen, merke aber schon, dass das dramatische Auswirkungen hat. Vor allem auf meine kaputte Schulter, wegen der ich zwischenzeitlich eine Woche lang so gut wie gar nicht schreiben konnte.

Deswegen bemühe ich mich gerade darum, diese Praxis wieder verstärkt in meinem Arbeitsalltag einzuführen und werde dazu sicher demnächst auch nochmal einen Blogpost schreiben.


Finales Fazit

Es war wirklich eine gute Idee, diesen ganzen Prozess noch einmal Revue passieren zu lassen und mich damit auseinanderzusetzen, was funktioniert hat und was mir hilft. Bisher war das Schreiben immer nur zweite Geige in meinem Leben. Es gab immer etwas, das “wichtiger” war, zumindest aus der Sicht anderer. Schule, Ausbildung, Studium, diverse Jobs.


Jetzt, da das Schreiben tatsächlich mein Job ist, muss ich erst einmal den richtigen Groove finden, schließlich habe ich jetzt weit mehr Zeit für meine Projekte und kann täglich daran arbeiten. Damit das nicht irgendwann zu einem kreativen Burnout oder anderen körperlichen Folgen führt, sind solche Erkenntnisse wirklich wichtig.


Zwei davon, die Pausentage und die Pomodoro-Sprints, werde ich definitiv fest in meinen Arbeitsalltag integrieren, weil sie mir dabei helfen, meine Kreativität auf einem hohen Level zu halten, aber auch mal Atem zu schöpfen und zu entspannen.


Auch die Tatsache, wie wichtig es ist, Worldbuilding lückenloser festzuhalten, am besten schon vor dem Schreiben der Rohfassung, war eine essentielle Lektion für mich. Bei der Deine Seele Trilogie und auch bei der Witch’s World Serie ist das jetzt nicht mehr zu ändern, aber ich hoffe, dass ich das bei zukünftigen Buchreihen besser mache.


Andere Dinge dagegen, wie z.B. das fehlen der Details in der Rohfassung, sind mir schon länger klar. Durch die Änderungs-/Ergänzungsliste, die ich bei der Korrektur von Deine Seele 2 neu eingeführt habe, ist dieses “Problem” auch leichter zu beheben.


Deswegen kann ich es euch nur empfehlen, euch selbst mit eurem eigenen Schreibprozess auseinanderzusetzen. Egal ob ihr nun Vollzeit-Autoren seid (bzw. es werden wollt) oder ihr das Schreiben ähnlich wie bei mir früher nur ein paar Stunden in der Woche betreibt. Es gibt immer etwas, das sich optimieren lässt. Keine Schreibroutine ist absolut und ändert sich, je mehr Bücher auf der Festplatte verstauben und man selbst dazulernt.

Manchmal hilft es nicht, die “optimale” Routine in irgendwelchen Schreibratgebern zu suchen. Indem man sich aktiv mit sich selbst und dem eigenen Prozess zu beschäftigt, kommt man oft weiter, als man denkt.


Ein etwas längerer Blogpost, aber gerade für mich war das sehr hilfreich und vielleicht auch für die ein oder anderen unter euch?


Führt ihr regelmäßig solche Analysen eurer eigenen Schreibroutine oder -prozesse durch? Was habt ihr dabei gelernt?

Schreibt’s in die Kommentare und lasst mich wissen, was ihr von meinem Schlachtplan für dieses Buch haltet!


Ich freue mich auf euch!

eure kate


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Über Kate Stark

Schreibt Bücher und macht YouTube-Videos über ihr Autorenleben.
Liebt Social Media, Fantasy, Notizbücher und Schokolade.

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