"Was zur Hölle mache ich hier eigentlich?"
Diese Frage habe ich mir in den letzten Wochen ziemlich häufig gestellt. Und eine wirkliche Antwort habe ich noch immer nicht darauf.
Seitdem das letzte Semester vorbei ist und ich jetzt endlich als Vollzeitautorin arbeiten kann, zumindest für ein paar Monate, ging es immer weiter abwärts mit meiner Produktivität und Motivation, bis schließlich gar nichts mehr ging.
In diesem Blogpost teile ich keine Tipps mit euch, wie ihr es sonst gewohnt seid, sondern meine Erfahrungen und ersten kleinen Krisen als selbstständige Autorin.
Wer lieber das Video schaut, anstatt den Blogpost zu lesen, bitteschön:
Aber ein paar Dinge, die ich hier geschrieben habe, haben es noch nicht ins Video geschafft. Also lohnt es sich vielleicht doch, hier zu bleiben ;)
Das Streben nach Perfektion
Dass ich perfektionistisch bin, ist mir nicht neu. Auch nicht, dass das manchmal ziemlich gefährlich werden kann. Entweder man arbeitet so hart, dass man irgendwann nicht mehr kann, oder man ist so von Selbstzweifeln und negativen Gedanken zerfressen, dass einfach gar nichts mehr geht.
In den ersten Wochen nach den Prüfungen habe ich mich extrem reingehängt und den ganzen Tag über nur an meiner Autorenkarriere gearbeitet, geschrieben, diese Website aus dem Boden gestampft und so einiges mehr hinter den Kulissen von Social Media und Blogs bewerkstelligt. Ich war extrem produktiv und alles war gut, bis sich langsam der Selbstzweifel eingenistet hat. Die Posts auf Instagram wurden weniger, ich habe meinen Updateplan für Wattpad vernachlässigt und habe ewig gebraucht, um Kommentare zu beantworten. Bis dann gar nichts mehr kam, zumindest nicht auf Instagram. Auf Youtube habe ich es mit Biegen und Brechen geschafft, jede Woche ein Video hochzuladen, aber das war es dann auch.
Und alles nur, weil ich das Gefühl hatte, das alles, was ich poste, perfekt sein muss. Das bekommt man schließlich an allen Ecken und Enden zu hören oder zu lesen, wenn man danach googelt, wie man seine Social Media Accounts aufbauen kann. Perfekter Feed mit Bildern wie aus einem Hochglanzmagazin, Videos dürfen nur so und so lang sein, Zahlen, Daten und Fakten checken und ja nichts Negatives über irgendwas sagen. Und Schimpfwörter? Pfui! Schäm dich, dass du überhaupt daran gedacht hast! Geh und wasch dir den Mund mit Seife aus!
Und sobald sich diese nervige Gedanken in meinem Kopf einnisten, poste ich so gut wie gar nicht mehr, einfach weil ich dann auch mehr perfekt sein muss. Aber genau das ist ja noch kontraproduktiver als ein Bild, das mal nicht so aussieht, als hätte es ein Profi geschossen. Weil man dann in Vergessenheit gerät oder die Follower, die man bereits auf sich hat aufmerksam machen können, enttäuscht. Und so geht das immer weiter tiefer hinab, bis man eines Tages heulend auf dem Sofa hockt, schon wieder eine Tafel Schokolade gegessen hat, ohne es zu merken, und innerhalb von einer Woche sämtliche Staffeln von Serie XYZ geschaut hat. Produktivität und Motivation haben sich längst verabschiedet und irgendwie weiß man gar nicht mehr so recht, wie man an diesen Punkt gekommen ist.
Man weiß nur, dass man nicht aufhören kann, zu heulen, und sich wünscht, noch einmal zurückgehen zu können, um alles ganz anders zu machen.
Tja, und so ging es mir in den letzten Wochen. Es war die Hölle, auch wenn sich das alles so banal anhört. Andere Menschen haben viel größere Sorgen und ich sitze hier und heule wegen solchem Kinderkram. Was zur Hölle mache ich hier eigentlich?
Kulturschock Selbstständigkeit
Mal abgesehen von diesem Perfektionskreislauf war die Umstellung auf "von daheim für mich selbst arbeiten" auch ein ziemlicher Kulturschock. Wir werden schließlich darauf trainiert, uns an vorgegebene Routinen zu halten. Während der Schulzeit sind es die unterschiedlichen Stunden unterbrochen von den Pausen, bei der Arbeit sind das die (mehr oder weniger) festen Arbeitszeiten. Selbst im Studium hat man einen halbwegs regelmäßigen Vorlesungsplan, der den Tagen zumindest etwas Struktur gibt. Aber als Selbstständige?
Keiner schreibt einem Arbeitszeiten vor oder was man sonst den lieben langen Tag tun soll. Nein, man ist da ganz auf sich allein gestellt und muss selbst für eine Routine sorgen. Während meiner Ausbildung habe ich immer davon geträumt, wie toll es einmal sein wird, Vollzeitautorin zu sein und den ganzen Tag fürs Schreiben nutzen zu können, anstatt für anderer Leute Erfolg zu sorgen und dabei selbst irgendwie auf der Strecke zu bleiben.
Jetzt, wo ich tatsächlich Vollzeitautorin bin, kann ich bei diesen Wunschvorstellungen nur den Kopf schütteln. Wenn man sein ganzes Leben lang von anderen gesagt bekommt, was man wann zu tun hat, wo man sein muss, wann man Pause machen darf, ist es eine ziemliche Umstellung, plötzlich selbst dafür verantwortlich zu sein.
Aber nicht nur das. Bisher gab es immer jemanden oder irgendetwas, für den/das ich gearbeitet habe. In der Schule war es der gute Schulabschluss, um meine Eltern stolz zu machen (Ja, Mama, ich meine das ernst!), aber natürlich auch, um eine gute Ausbildungsstelle oder einen Platz an der Uni/FH zu bekommen. Während der Arbeit ist natürlich klar, dass man alles tut, damit es auch gerechtfertigt ist, ein Gehalt zu bekommen und nicht gefeuert zu werden. Und während dem Studium geht dann die ganze Sache aus der Schulzeit wieder los. Gute Noten für den Stolz der Eltern oder einen guten Job, auch wenn das meist gar nichts über den jeweiligen Kandidaten aussagt.
Jetzt habe ich all das über Bord geworfen und bin zum Einzelkämpfer geworden, habe keine Kollegen, Kommilitonen oder Mitschüler mehr. Da bin nur noch ich, mit meinen hohen Ansprüchen an mich selbst und meinen verrückten Zielen. Und die Realität, die plötzlich so ganz anders aussieht, als ich sie mir vorgestellt habe.
Daran muss man sich erst einmal gewöhnen und herausfinden, wie man sich den Tag am besten einteilt, welche Ziele und Ideen man verfolgt und was man besser sein lässt, weil es sich am Ende als Zeitverschwendung entpuppt.
Eine neue Routine, feste Regeln und das große WARUM
Als mir das klar geworden ist, habe ich die Tränen abgewischt, Netflix geschlossen und mich gefragt, was ich tun muss, um endlich Ordnung in dieses völlig neue Leben zu bringen.
Ganz klar: Ich brauche eine neue Routine, neue Regeln, aber viel eher muss ich mir wieder vor Augen rufen, warum ich das alles mache. Und das, genau das, sollte ich immer im Kopf haben, wenn ich etwas auf Instagram poste oder ein Video plane, nicht das ganze Gelabere der angeblichen Marketing-Gurus oder was alle anderen Menschen für mich für das Beste halten. Das bin nicht ich und das macht mich auch auf Dauer nicht glücklich (haben wir ja schon gesehen). Und wenn mir dadurch ein paar Leser oder Follower entgehen, ist es eben so. Lieber liefere ich Content, auf den ich stolz bin, sei es nun irgendwelche Social-Media Posts, ein Video oder meine Geschichten.
Feste Schreibziele
Weil ich keine Ahnung habe, was ein Vollzeitautor den ganzen lieben langen Tag tut, habe ich mir ein paar "echte" (und erfolgreiche) Autoren und deren Routinen angesehen. Ein paar Sachen habe ich mir von Stephen King abgeschaut und beschlossen, ab sofort vor dem Mittagessen 4.000 Worte zu schreiben (auch am Wochenende) und danach erst einmal spazieren zu gehen, um meinen Kopf frei zu bekommen und aus der Wohnung zu kommen.
Für manche mag das ein ziemlich hohes Ziel sein, aber ich habe es bisher noch nicht gebrochen und erreiche es ohne Probleme, weil ich mir wirklich den ganzen Vormittag nur dafür geblockt habe. Zwischendurch mache ich mal eine Pause, schau ein paar Schreibvlogs, räume ein bisschen auf oder lege ein kurzes Nickerchen ein, aber danach geht es weiter. In der ersten Woche habe ich sogar über 8.000 Worte mehr geschrieben, als ich geplant habe, und das ganz ohne Burnout-Gefühl, schlechter Laune oder Erschöpfung. Im Gegenteil, dieses feste Ziel gibt mir die nötige Struktur und Motivation endlich vorwärts zu kommen.
Nur so als Vergleich: Davor habe ich mir immer vorgenommen, so viel wie möglich zu schreiben, und habe weit weniger zustande gebracht und mich regelrecht ausgelaugt gefühlt. Mit dem 4.000 Ziel habe ich etwas, worauf ich hinarbeiten und stolz darauf sein kann, wenn ich es geschafft habe. Und wenn ich noch Kraft und Zeit übrig habe, kann ich auch gerne mehr schreiben, muss es aber nicht. Und das ist ein echt gutes Gefühl.
Die "Zwei Tage Regel"
In einem YouTube-Video von Matt D'Avella habe ich zum ersten Mal von der "Zwei Tage Regel" gehört, die er entwickelt hat. Matt versucht eine Gewohnheit oder Aufgabe mindestens an zwei Tagen hintereinander durchzuführen, bevor er sie einen Tag aussetzen kann. Erst habe ich gedacht, dass das der totale Bullshit ist, aber es funktioniert wirklich und motiviert zusätzlich, zumindest wenn man einen kleinen Kalender oder eine Übersicht hat, auf der man den Fortschritt markieren kann. Stichwort Habit-Tracker für alle Bullet-Journal-Fans da draußen ;)
Also habe ich mir einige Dinge, die ich gerne jeden Tag machen möchte, aufgeschrieben und relativ konsequent durch diese Regel eingehalten. Kann ich also nur empfehlen.
Warum zu Hölle mache ich das hier eigentlich?
Ja, gute Frage und wesentlich besser als die erste. Denn es kommt nicht immer darauf an, was man tut (oder nicht tut), sondern warum man es macht. Ich glaube, erst dann hat man die nötige Motivation, um wirklich durchzuziehen, was man sich vorgenommen hat.
Bisher hatte ich immer eine gute Antwort auf mein Warum, aber das war noch während der Schul-, Arbeits- und Studiumszeit. Und es war ein relativ wischi-waschiges Warum.
Warum gehst du aufs Gymnasium und gibst alles für gute Noten? Um einen guten Ausbildungsplatz zu bekommen.
Warum machst du deine Ausbildung bei einem Buchverlag? Um von den Profis zu lernen und später als Autorin mitreden zu können.
Warum studierst du Medienmanagement und nicht irgendwas mit Schreiben? Um mich später als Autorin vermarkten zu können, Schreiben klappt ja schon relativ gut.
Jetzt, wo ich selbstständig bin, wird es Zeit, dass ich dieses Warum neu definiere und mir genau überlege, was ich mit all dieser Zeit eigentlich anstellen will. Was und vor allem wen ich erreichen will.
Und natürlich lasse ich es euch wissen, sobald ich das weiß. Vielleicht merkt man das auch an dem Content, den ich in Zukunft poste, oder wie ich mit euch kommuniziere. Keine Ahnung. So weit bin ich noch nicht.
Warum zur Hölle macht ihr, was ihr macht?
Ich bin mit meinem Gelabere am Ende. Alle, die es bis hierher mit mir ausgehalten haben: Jetzt seid ihr dran, euch diese beiden Fragen zu stellen. Wenn ihr mögt, könnt ihr eure Antworten hier in den Kommentaren oder unter dem dazugehörigen Video auf YouTube posten. Oder vielleicht schreibt ihr euren eigenen Blogpost dazu?
Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn dieser chaotische Artikel auch euch etwas gebracht und nicht nur mir etwas mehr Klarheit verschafft hat.
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